Vielleicht ging zwischendurch alles zu schnell, vielleicht ist die Zeit doch noch nicht reif für den ganz großen Wurf. Es war der 16. November 2019, als der TV Korschenbroich beim TV Jahn Köln-Wahn gewann und die Tabellenspitze der Handball-Regionalliga übernahm – weil der TuS 82 Opladen parallel dazu mit dem 27:28 gegen den Klassen-Neuling HC Weiden die zweite Niederlage in Folge hinnehmen musste. Die Reihenfolge damals: 1. TVK 13:3 Punkte, 2. TuS 82 Opladen 12:4. Zweieinhalb Monate später haben sich die Dinge wieder verschoben, denn die Opladener blieben anschließend sechs Mal hintereinander ungeschlagen und sie stehen nun bei 23:5 Zählern. Korschenbroichs Trainer Dirk Wolf musste im selben Zeitraum erleben, dass sein Team mit zwei Siegen, einem Unentschieden und zwei Niederlagen eine für ein Spitzenteam unbefriedigende Bilanz hinzufügte und mittlerweile als Zweiter mit 18:10 Punkten relativ klar hinter dem Spitzenreiter zu finden ist. „Wir haben gedacht, dass wir ein bisschen weiter sind“, sagt Wolf, „aber ich will das alles nicht zu hoch hängen.“ Beim Plan, den fünften Rang aus der vergangenen Saison zu verbessern, befindet sich der TVK tatsächlich im Soll – noch. Der Dritte BTB Aachen (18:10) sowie das Dreierpaket aus SG Ratingen, TV Rheinbach und TSV Bonn rrh. (alle 16:12) liegen inzwischen allerdings auf der Lauer.
Auffällig ist der Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspielen. Zu Hause bot Korschenbroich auch zuletzt überzeugende Auftritte – beim 31:26 vor Weihnachten gegen den TV Aldekerk und erst recht beim 34:26 zum Start ins neue Jahr gegen die SG Ratingen. Dann büßte der TVK aber mit dem 25:29 bei der SG Langenfeld und dem 28:30 beim HC Weiden viel Boden auf die Opladener ein. Eine bis ins Detail schlüssige Erklärung hat Wolf bisher nicht dafür gefunden, dass die Mannschaft vornehmlich in fremden Hallen zu viele falsche Entscheidungen trifft. Immerhin ein brauchbarer Ansatz: „Uns fehlt ein Stück Cleverness.“ In der Übersetzung: Wenn etwa Justin Kauwetter (19), Dustin Franz (19) und Tim Dicks (20) gemeinsam den Rückraum bestücken, steht gerade eine U-20-Auswahl auf dem Platz. Regisseur Mats Wolf und Steffen Brinkhues (beide 22) sind ebenfalls nicht sehr viel älter – und Routiniers wie Tim Christall (31) oder Viktor Fütterer (33) stehen nicht mehr zur Verfügung. Christall hat seine Karriere beendet und Fütterer erholt sich gerade von den Folgen einer Kreuzband-Operation. Mit seiner Erfahrung und dem genauen Blick für die Situation hatte der TVK in dieser Saison fest gerechnet.
Der ultimative Stresstest wartet auf Wolfs Team am 7. Februar mit dem Auftritt in Opladen – der nur dann ein echtes Gipfeltreffen bleibt, wenn Korschenbroich am Samstag (19.30 Uhr) gegen den um den Klassenerhalt kämpfenden Vorjahresmeister MTV Rheinwacht Dinslaken seine Hausaufgaben macht. Ein Selbstläufer wird die Partie trotz des Heimrechts nicht und Trainer Wolf fordert hundert Prozent Hingabe: „Dinslaken ist doch dieselbe Mannschaft wie im vergangenen Jahr, als sie so stark waren. Wir müssen aufpassen.“ Am liebsten wäre es ihm, wenn viele Rädchen ineinandergreifen und sein Team das vorhandene Potenzial abruft – wie eigentlich immer in der Waldsporthalle. Da geht manchmal auch alles zu schnell. Meistens aber für den Gegner.
Bildhinweis: Aaron Jennes; aufgenommen von Michael Jäger