Herr Faltin, vor wenigen Tagen haben der Aufsichtsrat zusammen mit der Geschäftsführung entschieden, den Lizenzantrag für die 2. Bundesliga zurückzuziehen. Haben Sie den ersten Schock verdaut?
„Ein Schock war es für mich nicht. Ich war ja selbst bei der Entscheidungsfindung zugegen, bin aber nicht in den von Ihnen genannten Gremien vertreten. Man muss Verständnis dafür haben, dass die Entscheidung so getroffen wurde, wenn gleich ich persönlich natürlich unmittelbar im Anschluss sehr enttäuscht war. Es darf jedoch nicht vergessen werden: die Entscheidung kommt von Personen, die jahrelang dafür gesorgt haben, dass wir hier überhaupt Bundesliga-Handball präsentiert haben. Außerdem ist aus rechtlicher Sicht zu bedenken, dass die Verantwortung für den wirtschaftlichen Träger einzig bei Geschäftsführung und Aufsichtsrat liegt. Demzufolge ist die Entscheidung aus sportlicher Sicht sicher nicht leicht, aus wirtschaftlicher aber richtig.“
Wie fielen die Reaktionen aus dem Umfeld aus?
„Da war ich ehrlich gesagt überrascht. Wir haben viel Zustimmung für die Entscheidung bekommen. Sicherlich gab es auch einige kritische Töne aus dem Umfeld, dennoch haben viele Menschen mitbekommen, wie es bei manch anderen Vereinen abläuft: mit Insolvenzen, ständig wechselnden Vereinsnamen oder dem „Verschachern“ von Spielern. Hinzu kommt, dass wir täglich von Staatsverschuldungen hören und überall ein verantwortungsvolles Wirtschaften fordern.
So weit ich es abschätzen kann, sind unsere Sponsoren, die wir am Dienstagabend in einer persönlichen Info genau wie die Mannschaft direkt informiert haben, ebenso wie unsere Zuschauer zunächst enttäuscht, im Endeffekt jedoch froh darüber, dass wir diesen harten, aber ehrlichen und konsequenten Weg gehen. Es ist paradox: Es ist fast schon ein Art Aufbruchstimmung zu verspüren.“
Wie haben die Spieler auf die Nachricht reagiert?
„Natürlich war es eine schwere Situation, mit der sicherlich keiner der Spieler so rechnen konnte. Mir, aber auch Geschäftsführer Dr. Peter Irmen, ist das Überbringen der schlechten Nachricht sehr schwer gefallen. Und es gab natürlich einige kritische Nachfragen, die ich absolut nachvollziehen kann. Aber insgesamt überwog auch die Einsicht bei den Spielern, dass wir den richtigen Weg gehen. Einige von ihnen mussten bei früheren Vereinen auch schon die Erfahrung machen, dass sie mitten in der Saison hängen gelassen wurden, weil dem Verein das Geld ausgegangen war. Das passiert bei uns nicht und das ist heutzutage sicher viel wert. Unabhängig von der aktuellen Entwicklung hatte keiner unserer Spieler einen Vertrag über diese Saison hinaus. Es ist also auch nicht so, dass wir hier gemachte Zusagen zurücknehmen müssen.“
Wie geht es weiter mit dem TVK?
„Wir werden diese Saison sauber beenden, d. h. bis zum 30.06. unseren Verpflichtungen jedem Spieler gegenüber nachkommen. Auch in sportlicher Hinsicht wird die Mannschaft bis zum letzten Spieltag alles geben. Damit haben die Jungs am Wochenende in Emsdetten schon angefangen. Das Ziel lautet nach wie vor, den sportlichen Abstieg zu verhindern. Darüber hinaus werden wir weiterhin für Spitzenhandball am Niederrhein stehen und für Spieler wie Sponsoren eine attraktive und interessante Adresse im Handball bleiben, fernab von Skandalen. Allerdings erst einmal in der 3. Liga, die aber nicht zuletzt auf Grund der vielen Derbys ebenfalls sehr attraktiv werden wird. Auch, wenn in Sachen Auf- und Abstiegen noch viele Entscheidungen ausstehen, werden in jedem Fall etliche ehemalige Bundesligisten in der 3. Liga antreten.
Was den TVK anbelangt haben wir schon jetzt einen Etat abgesichert, der für 3.Liga-Verhältnisse recht ordentlich sein wird und mit dem man definitiv gut arbeiten kann. Die Rahmenbedingungen wie z.B. tägliches Training, optimale medizinische Betreuung usw. wollen wir erhalten, z. T. weiter ausbauen und perspektivisch das Thema Bundesliga-Handball nie aus den Augen verlieren.“
Wie sehen die personellen Planungen aus?
„Wir waren natürlich schon vor der Entscheidung in Gesprächen mit unseren Spielern. Allerdings waren die Verhandlungen dahingehend schwierig, da wir aufgrund unserer Tabellensituation kaum die Spielklasse für die kommende Saison vorhersagen konnten. Das ist jetzt anders und – das ist das Positive an der Entscheidung – jetzt haben wir dahingehend absolute Planungssicherheit. Klar, wir müssen die Personalkosten insgesamt senken. Aber wir wollen auch in der neuen Saison eine attraktive Mannschaft präsentieren und ich bin guter Dinge, dass uns dies auch gelingen wird.“
Geht das vielleicht etwas konkreter?
„Nein, in diesem Moment kann ich noch keine Personalien nennen. Ich weiß, jeder erwartet jetzt, dass ich mit Spieler X oder Y eine Vertragsverlängerung bekannt gebe. Aber auch hier fahren wir einen konsequenten und seriösen Weg: Wir geben so etwas erst bekannt, wenn die Tinte unter dem Vertrag getrocknet ist. Ich rechne aber schon in den nächsten beiden Wochen mit den ersten Unterschriften. Ziel ist es natürlich, so viele unserer Stammspieler wie möglich zu halten. Zudem werden wir junge Talente einbauen, die bei uns in einem familiären Umfeld und mit guten Trainingsbedingungen an höhere Aufgaben herangeführt werden sollen. Da sind und bleiben wir mit Sicherheit eine gute Anlaufstelle. Bemerkenswert finde ich, dass bereits Spieler aus unserem aktuellen Kader auf uns zugekommen sind und uns von sich aus gesagt haben, dass sie gerne bei uns bleiben würden und auch zu finanziellen Einbußen bereit wären. Das zeigt mir einmal mehr, dass wir hier eine wohl überdurchschnittliche Identifikation unserer Spieler mit dem Verein haben und dass das Handballspielen beim TVK weiterhin eine attraktive Sache ist – auch in der 3. Liga.“
Wie lauten die sportlichen Ziele für die Zukunft?
„Unser Fernziel ist eindeutig die Rückkehr in die Bundesliga. Darauf liegt unser Fokus und auf dieses Ziel wollen wir hinarbeiten. Allerdings müssen hierzu neben den sportlichen vor allem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfüllt sein. Mit einer neuen, größeren Halle wäre das sicherlich einfacher zu bewerkstelligen. Dort hätten wir die Möglichkeit, potentiellen Sponsoren ganz andere Vermarktungsmöglichkeiten zu bieten, als das jetzt der Fall ist. Natürlich lassen wir auch ansonsten nichts unversucht, um den Etat entsprechend so zu erhöhen, dass es wirtschaftlich nachhaltig möglich ist 2. Liga spielen zu können. Selbstverständlich würden wir unter gegebenen Umständen auch mit der Waldsporthalle noch einmal in der 2. Liga antreten, sollten die sonstigen, sprich wirtschaftlichen, Gegebenheiten stimmen.
Die Spielstätte ist in allen Konzepten sämtlicher Bundesligisten ein wesentlicher Baustein. Ich bin mir auch sicher, dass es uns gelingen würde bei entsprechender Kapazität unseren Zuschauerschnitt dem der Liga anzugleichen, der derzeit bei knapp 1.400 Besuchern pro Partie liegt.
Sportlich ist es mein Ziel, eine entwicklungsfähige Mannschaft aufzubauen, die in der Lage sein soll, in zwei Jahren um die Meisterschaft in der 3. Liga mitzuspielen.“